Pädagogischer Tag 2020: „Die Schüler auf eine noch unbekannte Zukunft vorbereiten!“
Fünf Schulen aus dem Hochtaunus veranstalteten erstmals einen gemeinsamen Pädagogischen Tag
Ein Beitrag von Steffen Müller, Humboldtschule Bad Homburg
Die Kollegien der Humboldtschule Bad Homburg, des Kaiserin-Friedrich-Gymnasiums sowie der gastgebenden Philipp-Reis-Schule widmeten sich am Aschermittwoch 2020 einem gemeinsamen Pädagogischen Tag. Dieser stand unter dem Motto: „Wie lassen sich Lernprozesse in heterogenen Lerngruppen erfolgreich gestalten? Leistungsstärke fördern – Leistungsstarke fordern.“ Die drei weiterführenden Schulen bilden mit den ebenfalls teilnehmenden Grundschulen, Paul-Maar-Schule und Peter-Härtling-Schule, die LemaS-Projektschulgruppe Hochtaunus. LemaS steht für „Leistung macht Schule“ und bezeichnet eine gemeinsame Initiative von Bund und Ländern, die in 2018 mit dem Ziel der Begabungsförderung im Unterricht gebildet wurde. Insgesamt beteiligten sich etwa 400 Lehrkräfte aus den fünf Schulen an der Fortbildung, zunächst in der großräumigen Aula und später in den Unterrichtsräumen der Philipp-Reis-Schule.
Der hierfür eingeladene Dozent war Peter Heiniger, Professor für Allgemeine Didaktik an der Pädagogischen Hochschule in Thurgau. Er kam aus der Schweiz mit vier weiteren Didaktikern seiner Hochschule angereist. Heiniger wirkt außerdem im Auftrag des Hessischen Kultusministeriums als Berater und Fortbildner in der Schulentwicklung. Der Vormittag gliederte sich in vier, thematisch aufeinander aufbauende Vorträge. Diese waren jeweils durch kurze Pausen unterbrochen, um dem Plenum die Möglichkeit zu geben, Fragen an den Dozenten zu adressieren. Die Lehrerinnen und Lehrer lernten dabei drei grundlegende pädagogische Konzepte sowie Anwendungsbeispiele kennen, für die Entwicklung eigener individualisierter Lerneinheiten.
Heinigers Ausgangspunkt bildete die These: „Unsere Aufgabe als Lehrende ist es, die Schülerinnen und Schüler auf eine uns allen noch unbekannte Zukunft vorzubereiten.“ Damit diese Herausforderung zunehmend gelingt, entwickelte er Basiskonzepte für individualisiertes Lernen. Ziel der Konzepte ist, dass sie selbstorganisiertem Lernen (SOL) und projektbasiertem Lernen (selbstständiges Problemlösen) breiteren Raum im Unterricht einräumen. Die Lernaufgaben, die teilweise auch komplexe Problemstellungen beinhalten und über einen längeren Zeitraum angelegt sind, fordern die Selbstständigkeit der Schüler heraus.
Heinigers Überlegung lautete: „Wer sich selbstständig Wissen aneignen und Herausforderungen auch bei komplexen Wissenszusammenhängen bewältigen und Probleme lösen kann, ist selbstständig und fähig, seine (noch unbekannte) Zukunft zu gestalten.“ Durch den Einsatz dieser individualisierten Lerneinheiten im Regelunterricht der Schulen könne der zunehmenden Heterogenität in den Klassen begegnet werden. Dadurch könnten auch leistungsstarke bzw. potentiell leistungsfähige Kinder im Sinne der LemaS-Initiative besser im Unterricht gefördert werden.
Am Nachmittag begaben sich die Kollegien der Projektschulen dann konkret in die praktische Arbeit. Die einzelnen Schulen bildeten Fachteams, die begannen, neue individualisierte Lerneinheiten zu erarbeiten, außerdem noch fachübergreifende Gruppen mit pädagogischen Themen, insgesamt zwölf Projektteams der Humboldtschule, 24 der Philipp-Reis-Schule und acht Gruppen des Kaiserin-Friedrich-Gymnasiums. Der schulübergreifende Austausch innerhalb der Fachschaften wurde durch die Belegung benachbarter Räumlichkeiten erleichtert. Außerdem konnten die anwesenden Dozenten der Hochschule Thurgau zu vorher adressierten Themen zur Unterstützung angefordert werden.
Der Pädagogische Tag endete mit einer Präsentation aller Arbeitsergebnisse der fünf LemaS-Schulen, die als Protokolle in der Aula ausgehängt wurden und von allen Lehrerinnen und Lehrern in einem Gallery-Walk angesehen werden konnten. Auf einer Zielscheibe bewerteten die Lehrkräfte den Erfolg der aufwendigen Fortbildungsveranstaltung überwiegend positiv.
Welches Fazit konnte nach dem ersten gemeinsamen Pädagogischen Tag der fünf LemaS-Schulen gezogen werden. Die Basis für das Gelingen des Tages war die schon gute und erprobte Zusammenarbeit der Schulen in den vergangenen Jahren in der LemaS-Initiative. Durch die Kooperation konnte nicht nur eine sehr aufwändige Veranstaltung mit renommierten Dozenten realisiert werden. Sie führte auch zu einer beginnenden Vernetzung der Lehrkräfte untereinander, für die Ausarbeitung und den Einsatz von individualisierten Lerneinheiten und gemeinsame weitere Fortbildungen. Zu einem möglichen Stolperstein wurde der hohe Aufwand in der Durchführung der Veranstaltung, z.B. bei den Absprachen unterschiedlicher Zeitraster und technischer Bedarfe sowie weiterer Sonderwünsche der Vielzahl an Gruppen. Außerdem sollte zukünftig darauf geachtet werden, noch ein größeres Zeitfenster für die praktische Arbeit einzuplanen. Man kann gespannt sein auf die weitere Schulentwicklung in den fünf Projektschulen, auf ihrem Weg von der instruktionalen Lehr- zur individualisierenden Lernschule.
(Text: Steffen Müller, Humboldtschule Bad Homburg; Bilder: Thomas Rehm/Katharina Sondermann, Philipp-Reis-Schule)